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Psychologe: "Schusswaffen eignen sich nicht zur Verteidigung"

Mit einer Waffe in der Hand steigt das Risiko, selbst erschossen zu werden. Das zeigt eine Studie der University of Pennsylvania http://www.upenn.edu , die im American Journal of Public Health veröffentlicht wurde. Die Forscher untersuchten die Opfer von 677 Schießereien, zu denen es innerhalb von drei Jahren in der Stadt Philadelphia gekommen war.

Man wertete aus, wie viele Opfer zum Tatzeitpunkt selbst eine Waffe mitführten, verglich das Ergebnis mit den durchschnittlichen Bewohnern der Stadt gleichen Alters, Geschlechts und Herkunft und berücksichtige auch sozio-ökonomische Merkmale. Das Ergebnis: Mit Waffe werden Menschen 4,5 mal häufiger angeschossen und 4,2 mal häufiger erschossen als ohne. Dieses Risiko stieg zusätzlich, wenn die Opfer noch Chance der Verteidigung hatten.

 

Dieser Zusammenhang könnte mehrere Ursachen haben, geben die Forscher an. Einerseits könnte es sein, dass bestimmte Menschentypen, die häufiger in Schießereien kommen, auch häufiger eine Waffe tragen. Andererseits würden Waffen ihren Trägern möglicherweise ein Machtgefühl geben, das leichter zu Überreaktionen verleiten könne. "Vielleicht trauen sich Menschen durch das Tragen einer Waffe weit eher in bestimmte Straßen, in die sie besser nicht gehen sollten", so Studienleiter Charles Branas. Gezeigt habe sich, dass eine Waffe ihren Träger meistens nicht davor schützte, selbst erschossen zu werden. "Erfolgreiche Verteidigung durch Schusswaffen bei Zivilpersonen gibt es kaum. Waffenträger sollten den Waffenbesitz daher überdenken oder zumindest verstehen, dass der Besitz auch viel Vorsicht und Gegenmaßnahmen erfordert", so der US-Forscher.

 

"Es ist einleuchtend, dass jemand, der eine Schusswaffe trägt, für sein Gegenüber als größere Bedrohung wahrgenommen wird und diesen auch schneller zum Waffengebrauch verleitet", betont Klaus Gruber, Experte für klinische- und forensische Psychologie http://www.psychologe.org im pressetext-Interview. Die Situation der Waffenführung der USA, wo die Studie durchgeführt wurde, sei jedoch kaum mit derjenigen Europas und im speziellen Österreichs vergleichbar, da Zivilpersonen hierzulande kaum Waffen besitzen. "Der Waffenpasses oder die Waffenbesitzkarte und die für deren Ausstellung notwendige psychologische Untersuchung sollen gewährleisten, dass nur solche Personen eine Waffe tragen, die als verlässlich einzustufen sind", so Gruber. Voraussetzung für das Führen einer Schusswaffe sei darüber hinaus der Nachweis besonderen Schutzbedürfnisses wie etwa beim Waren- und Geldtransport.

 

Der Gebrauch einer Schusswaffe in den eigenen vier Wänden dürfte laut dem Experten kaum als Verteidigungsstrategie tauglich sein. "Eine Schusswaffe ist eine Angriffswaffe, während ein Verteidigungsinstrument etwa eine Alarmanlage wäre." Es sei zudem fragwürdig, im Falle eines nächtlichen Einbruchs Schutz in einer Waffe zu suchen. "Wird man inmitten der Nacht aus dem Schlaf gerissen, müsste man zuerst zum Haustresor gehen, da Waffen laut Gesetz vor Unbefugten sicher aufbewahrt werden müssen. Als Schutz eignet sich die Waffe somit kaum."

Aussender: pressetext.austria